Ein kurzer Blick in die Geschichte

Seit über 50 Jahren gibt es Landesentwicklungspläne in Baden-Württemberg. Auch wenn sich Themen und Inhalte seit den 1970er Jahren gewandelt haben – das Ziel ist gleich geblieben: Die Sicherstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land durch ein Gesamtkonzept für die räumliche Entwicklung.

Lebenswelten und Gemeindegrenzen passten nicht mehr zusammen

Seit den 1950er Jahren stieg die Bevölkerungszahl in Baden-Württemberg, die Städte und Gemeinden wuchsen und wirtschaftliche, soziale und technische Veränderungen führten dazu, dass immer mehr Menschen auf dem Weg zur Schule, zur Arbeit oder in der Freizeit in einen anderen Ort fahren mussten. Gleichzeitig blieben die Grenzen der Gemeinden unverändert: fast 3400 teils winzige Gemeinden und 63 Landkreise gab es im Land. In den 1960er Jahren zeigte sich immer mehr, dass viele kleine Gemeinden überfordert waren, in einer Welt zunehmender Vernetzung die erforderlichen Leistungen für ihre Einwohnerinnen und Einwohner zu erbringen.

Die Illustration zeigt Verkehrswege, die die Zahl 60 formen - symbolisch für die Bewegung im Bereich der Landesentwicklung, die in den 60er-Jahren ihren Ausgangspunkt hatte

Schulen legten den Grundstein fürs Zentrale-Orte-System

Vor diesem Hintergrund erteilte die Landesregierung 1965 einen Forschungsauftrag an die Universität Freiburg, ein System zentraler Orte zu entwickeln. Ziel war, auf dieser Basis die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten und effektivere Verwaltungsstrukturen schaffen zu können. Hierfür füllten Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer der Volksschulen in allen Landkreisen Fragebögen aus, in denen sie angaben, wo sie einkauften, Sport trieben oder Ärzte aufsuchten. Das Ergebnis war das erste Zentrale-Orte-System Baden-Württembergs und die Grundlage für den Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg 1971.

Gleichzeitig wurden die Gemeindegebiets- und Landkreisreformen fortgeführt, mit denen die Zahl der Gemeinden auf ein Drittel und die der Landkreise um fast die Hälfte reduziert wurden. Infolgedessen musste der gerade erst aufgestellte Landesentwicklungsplan schon 1973 an die neuen Grenzen angeglichen werden, blieb ansonsten aber unverändert.

Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen

Viele der bis heute gültigen Grundlagen der räumlichen Planung waren bereits damals angelegt: Die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in allen Teilen des Landes, die Verdichtung der Wohn- und Arbeitsstätten in zentralen Orten und entlang von „Entwicklungsachsen“ oder der Erhalt der Landschaft.

Schon der erste Landesentwicklungplan betonte in seiner Präambel neben der Pflege der geistigen und kulturellen Individualität des Landes den Erhalt der Kulturlandschaft und des „biologischen und klimatischen Gleichgewichts“. Im Landesentwicklungsplan 1983 kam das Ziel „Sicherung und Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten“ hinzu. Zugleich rückte der Grundsatz „Ausbau vor Neubau“ in den Vordergrund.

Mit dem Landesentwicklungsplan 2002 wurde das Prinzip der Nachhaltigeit eingeführt und die zunehmenden räumlichen Verflechtungen im Rahmen der Globalisierung betont.

In den vergangenen 20 Jahren hat sich unsere Lebenswelt weiter verändert. Nach 1971, 1983 und 2002 ist es daher erneut an der Zeit, einen Landesentwicklungsplan aufzustellen.